Hier der Ausblick von meinem Bett... Bringt mich doch jeden Morgen aufs neue zum Schmunzeln - wenn man bedenkt, dass ich mal meine eigene Wohnung hatte. Und jetzt schlafe ich in einer Hochbettenburg mit 5 mehr oder weniger wildfremden Menschen in einem Zimmer, auf einer durchgelegenen Matratze und in Bettzeug, in dem schon 1.000 andere Leute ihre Nachtruhe verbracht haben. Haha...
- Nachtruhe ist vielleicht auch etwas übertrieben. Einen wirklich gesunden Schlaf bekommt man hier nicht. Bis um 4 nachts hört man Musik aus dem Café nebenan; da hier im Hostel jeder unterschiedlich arbeitet, gibt es auch immer jemanden der feiert, egal welcher Tag oder welche Uhrzeit. Vor deinem Zimmer lungert also immer eine betrunkene Gruppe von Abenteuerlustigen. Und wenn langsam Ruhe einkehrt, dann fängt um 6 Uhr der Müllwagen an und der Putzdienst im Hostel frühs möchte ja auch nicht ohne laute Musikbeschallung ackern...
Vielleicht ist das der Grund, dass ich seit Tagen müde bin und nur auf 70% Akkuleistung fahre, dafür bin ich aber eigentlich schon zu abgehärtet... ;-)
Mittwoch habe ich nach zwei Wochen den ersten Tag wieder gearbeitet. Gefühlt war ich Monate weg und meine Motivation ebenso. Über Mittag hatten wir ganze 10 Gäste zu 4 Kellnern. Es war stink langweilig. Vielleicht mag der ein oder andere sich jetzt denken, dass es doch ideal sei fürs Nichtstun auch noch Geld zu verdienen - für mich war es schrecklich. Kam mir vor als ob ich meine kostbare Lebenszeit einfach verplämpere. Nach stundenlangem Ausmalen von Alternativszenarios bei einer spontanen Kündigung ging es dann zum Abend endlich voller zu. Auf einmal haben sie uns die Bude eingerannt und ich bin kaum noch hinterher gekommen, weil grundsätzlich ja alle Tische gleichzeitig ihre Bestellungen aufgeben wollen. Ich hatte 7 Tische mit 30 Leuten, was sich, finde ich, echt wenig anhört, aber durchaus reicht stundenlang am besten 5 Dinge gleichzeitig zu tun. Als ich dann eine Bestellung falsch eingebucht habe, hatte dann auch mein liebster Restaurant-Chef, Pierre, wieder allen Grund mich missbilligend anzugucken. Was mir prinzipiell egal sein kann. Dass Feedback von den Kunden reicht mir völlig um auf Selbstbewusstseins-Wolke 7 zu schweben und der Spass war mit steigender Kundenanzahl dann auch zurück. Und mit Pierre - er kam zu Schichtende nochmal an und meinte, dass er sehr zufrieden sei und es nicht so meint. Es wäre durchaus mal interessant zu wissen, warum die Chemie zu manchen Leute einfach nicht passt...
Gestern waren dann den ganzen Tag alle Tische ständig belegt und wir entsprechend gut beschäftigt. Als Kellnerin geht man 3 Schritte, jongliert aber mindestens 10 Gedanken gleichzeitig im Kopf: Tisch 2 noch die Bestellung einbuchen - Sitz 1,3 und 4 Lachs; Sitz 3 ohne Salat; Sitz 2 Steak medium-rare; 1/2 Dutzend Oystern vorweg - nach der Einbuchung Oystergabeln, Steakmesser und Brot nicht vergessen; oh Tisch 3 hatte ja eine Flasche Pinot Noir bestellt, die schnell servieren; Tisch 4 winkt dir gleichzeitig zu, dass sie bezahlen wollen; Tisch 13 braucht scharfen Senf; Tisch 9 hat Getränke fast leer - gleich nachfragen, ob neue Runde; DING - Küche ruft, Hauptspeisen servieren und zwar sofort, weil sonst wird's ja kalt; und da steht Tisch 4 schon neben Dir zum Bezahlen, weil sie jetzt schnell los müssen und Tisch 13 guckt Dich fragend an, ob der Senf wohl noch kommt, bevor das Steak kalt ist; ganz abgesehen vom durstigen Tisch 3, deren Flasche Pinot immer noch aufm Tresen wartet, serviert zu werden. Und während du versucht alles gleichzeitig immer und immer wieder zu priorisieren und nichts zu vergessen - Zack, zieht dich der Restaurant-Chef zur Seite um dir zu sagen, dass du ja auch mal Wasser an Tisch 7 nachfüllen könnest, anstatt es einfach selbst zu tun... Denn das hast Du bereits selbst registriert, dich aber dafür entschieden erst die fertigen Speisen zu servieren, dann den Senf an Tisch 13 zu bringen, schnell Tisch 4 abzukassieren, den Wein an Tisch 3 zu bringen, die Bestellung für Tisch 2 einzubuchen (, die du bis dahin hoffentlich noch im Kopf hast) UND DANN das Wasser für Tisch 7 nachzufüllen und aufm Weg Tisch 9 noch fragen, ob sie noch was trinken möchten. - Alles klar?
Ich warte wirklich auf den Tag, an dem ich vor lauter nächster Schritte in meinem Kopf vergesse, meinen Rock wieder runterzuziehen, wenn ich kurz auf Toilette war. Wirklich. Hehe...
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